Wie alles begann
Der Wahnsinn hatte angefangen, als mein Vater mich zu meinem 40. Geburtstag daran erinnerte, dass ich als Kind „immer einen Porsche fahren wollte“.
Daraufhin bekam ich von meinem Sohn zum 43. Geburtstag einen Gutschein für 20 Minuten Porsche fahren geschenkt:
Porsche GT3 mit 415 PS:
Im Paket enthalten – 20 Minuten Audi R8 mit über 400 PS:
Durch diese Automiete für so kurze Zeit wurde ich mit dem Virus infiziert.
Nun wollte ich keinen Porsche mehr, weil der RS3 mich die ganze Zeit von hinten anbrüllte und ich mich wie ein Fahranfänger fühlte, der die Kupplung nicht richtig durchtreten konnte.
Die Auspuffklappe für maximalen Sound zu öffnen und unschuldige Passanten in der Innenstadt zu erschrecken war ein netter Gimmick, hat mir aber nicht wirklich gefallen.
Der Porsche GT3 war mir zu extrem, weil zu laut, zu hart und zu mechanisch.
Der R8 war mir zu unschuldig, fühlte sich an wie ein VW Golf, nur mit mehr PS.
Was bin ich alles Probe gefahren
Einen Jaguar XK mit 385 PS:
Einen Jaguar F-Type mit 340 PS:
Eine Mercedes-Benz S-Klasse mit 300 PS und jedem elektronischen Schnickschnack:
Einen Mercedes Benz CLS 350 mit knapp 300 PS:
Einen Mercedes-Benz E55 mit 476 PS und 700 Nm Drehmoment:
Einem Lotus Exige mit 350 PS:
Einen Mercedes-Benz CLS 55 mit LPG Autogas Anlage, der als CLS 63 gepimpt wurde:
Weitere Probefahrten ohne Bilder:Jaguar XF mit 275 PS – hätte ich als 6-Zylinder Diesel-Dienstwagen genommen, mein Chef wollte aber nicht
Porsche Cayenne Turbo mit 500 PS – ein Sportwagen muss aerodynamisch sein
Jaguar XJ mit 12 Zylindern – vorsintflutliches Dickschiff mit Stil „Der König kommt“
Porsche GT2 Gemballa – war bei Vmax auf der Autobahn sehr unruhig
Jaguar XK 4.2 – war mir die Technik zu alt
Mercedes-Benz 560 SEC – ich konnte aber nur einen kleinen 6-Zylinder aus dieser Baureihe Probe fahren – gleiches Problem wie beim alten XK, Technik zu alt.
Mercedes-Benz CLK 430 – schöner Achtzylinder, ausreichend Power. Aber wenn schon Mercedes, dann bitte AMG!
Der Kauf: Mercedes-Benz CLK 55 AMG
Am Ende bin ich bei einem typischen Wolf im Schafspelz hängen geblieben, einem Mercedes-Benz CLK 55 AMG, Baujahr 1999.
Dieses Understatement gefällt mir.
Das Coupé kommt in einem sehr klassischen und zeitlosen Design, das heute noch von vielen Umstehenden bewundert wird.
Top Gear erst ab 250 aufwärts
Wenn sich das Auto von hinten nähert, sieht es aus wie ein alter Mercedes, der sich zufällig auf die linke Spur verirrt hat.
Sobald die Spur frei ist und man das Gaspedal bis zum Anschlag drückt, schaltet die Automatik zwei Fahrstufen runter und beschleunigt zwischen 180 und 280 brachial.
Man könnte die Gänge auch manuell schalten, aber wer ahnt schon, dass er bei 180 im dritten fährt, bei 220 in den vierten schaltet und erst bei 250 in den fünften und letzen Gang?
Es gibt keine wirklichen Gegner mehr, ein M4 beschleunigt aus der Baustelle heraus schneller, hat aber bei der Endgeschwindigkeit das Nachsehen.
Alle „normalen“ Autos wie Audi A6, Mercedes-Benz E-Klasse oder BMW 5er haben keine Chance. Nur RS, AMG und M sowie alle Motoren der aktuellen Bauart mit Turbo und deutlich über 4oo PS können dem CLK 55 AMG das Wasser reichen.
Da liegen dann halt doch 15 Jahre technische Weiterentwicklung dazwischen.
Leistungsangaben:255 kW/347 PS bei 5500/min, 510 Nm bei 3000–4300/min
Hubraum: 5439 cm³
Vmax: 284 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 5,4 s
Fahreigenschaften
Der Einstieg auf den Fahrersitz fällt leicht, weil sich die großen Türen weit öffnen lassen. Ja, die Sitzposition ist tief (im Vergleich mit einem Porsche Cayenne) aber nicht zu tief (im Vergleich mit einem Lotus Exige).
Die werkseitig verbauten Ledersitze lassen sich in alle möglichen Richtungen verstellen, drei Fahrerpositionen können abgespeichert und wieder aufgerufen werden.
Die Sitze sind komfortabel und lassen sich über elektrisch einstellbare Luftkissen individuell anpassen. So kann man z. B. eine Lordosenstütze im Lendenbereich aktivieren oder mehr Seitenhalt durch das Aufblasen der seitlichen Kissen realisieren.
Den Fahrkomfort würde ich noch als gut bezeichnen, obwohl klar ist, dass ein AMG immer sportlicher abgestimmt ist als die „normale“ Version.
Die Lenkung und das Sportfahrwerk sind auf sportliches Fahren in einem komfortablen Straßenfahrzeug abgestimmt. Ich bekomme ständig Rückmeldung, wie der Straßenbelag beschaffen ist und ob ich noch genügend Grip habe. Ich spüre Unebenheiten, Schlaglöcher und Spurrillen wie auch feinere Details der Straßenoberfläche.
In Kurven und vor allem im Grenzbereich könnte die Lenkung direkter sein, der CLK ist aber kein Rennstreckenfahrzeug. Plötzliche Lastwechsel lassen sich gut handlen, benötigen jedoch m. E. beide Hände am Lenkrad. Das Herausbeschleunigen aus der Kurve macht er ordentlich, obwohl ich mir schon oft die zusätzlichen F1-Paddels für die manuelle Gangwahl gewünscht hätte.
Der CLK 55 AMG ist für die Autobahn gemacht. Das Auto fühlt sich bei einer Geschwindigkeit zwischen 220 und 260 km/h „am wohlsten“. Es scheint, als ob die Lenkung immer fester wird, je schneller man fährt. Dabei hat der CLK meines Wissens gar keine parametrische Lenkung. Auch wenn ich schnell fahre, fühle ich mich im CLK immer sicher. Das Auto läuft auch bei hohen Geschwindigkeiten stoisch geradeaus – wie auf Schienen.
Anfangs hatte ich Angst vor Bodenwellen und unsauberen Übergängen an Autobahnbrücken. Inzwischen vertraue ich auf die Federung, die auch bei höchster Geschwindigkeit die Stöße einfach „wegschluckt“.
Lautstärke und Sound
Ein V8 ist ein V8 und Hubraum ist durch nichts zu ersetzen – außer durch mehr Hubraum.
Schon das Anlassen macht Spaß: Nicht so ein prolliger Gasstoß wie beim Jaguar F-Type, der gar nicht leise sein kann. Der Motor springt ohne Gasstoß an und läuft kurze Zeit mit höherer Drehzahl. Nach den ersten Sekunden geht die Drehzahl runter und der Motor säuselt leise vor sich hin.
Meine Original AMG-Auspuffanlage würde ich als dezent beschreiben. Beim Jaguar XK war der Auspuffsound im Innenraum viel präsenter, beim Jaguar F-Type aufdringlich und beim Porsche GT3 unerträglich. Der Wagen lässt sich leise aus der Garage rollen und in einer Wohngegend bewegen, ohne gleich alle Nachbarn aufzuwecken.
Man kann dieses Auto bei niedrigen Drehzahlen wie ein normales Auto im Seniorenmodus bewegen. Der CLK beschleunigt ganz sanft, schaltet butterweich und schon bei 2500 Umdrehungen in den nächsten Gang und gleitet gemütlich um jede Kurve. Ein Unkundiger würde bei dieser Fahrweise gar nicht bemerken, dass er in einem 350-PS-Sportwagen sitzt.
Der Clou ist jedoch, dass man beim CLK sofort in den Rennmodus umschalten kann. Einfach mehr Gas geben, Lenkrad festhalten und um die Kurven fegen. Jedes Überholmanöver ist easy, unspektakulär und sicher, weil man immer genug Reserven hat.
Für den, der’s braucht: Ja, man kann mit einem CLK 55 AMG auch ordentlich Radau machen. Schiebedach aufmachen, Fenster runterfahren, N oder P wählen und ordentlich Gas geben. Macht bei Unterführungen oder in Tunnels Spaß, muss aber für meinen Geschmack nicht an jeder Ampel sein…
Beim normalen Beschleunigen höre ich eigentlich nur den Motor, der etwas auf Last bewegt wird. Interessant wird es, wenn man durch einen Kickdown erzwingt, dass das Getriebe ein oder zwei Gänge runterschaltet. Dann kommt der Motor bei maximaler Leistung in den Bereich von 5000 bis 6000 Umdrehungen und dieser schöne Mercedes Powerauto Sound ertönt aus dem Auspuff.
Ich liebe diesen Sound!
Natürlich ist es komplett sinnlos, immer wieder runterzuschalten und zu beschleunigen – aber es ist ein wirkliches 3D-Erlebnis: Sehen, Hören und Fühlen!
Unterhaltskosten
„Wer AMG fahren will muss AMG bezahlen“ hätte mich fast davon abgehalten, den CLK 55 zu kaufen. Aber Mercedes-Ersatzteile in einer Mercedes-Werkstatt sind auch bei einem CLK 430 teuer. Also habe ich mir eine freie Werkstatt gesucht mit einem Techniker, der sich mit großen Achtzylindern auskennt und bin sehr zufrieden. Ein paar Kleinigkeiten hier und da, die nicht sehr teuer waren und neue Reifen, die überall gleich viel kosten.
Die Steuer ist teuer, kleiner Schüttelreim. Aber bei 5,5 Litern Hubraum auch kein Wunder – zahle ich gerne.
Die Versicherungen sind m. E. unverschämt. Vollkasko steht mit einem Jahresbeitrag von über 3000 Euro in keinem Verhältnis zum Restwert des Autos. Allein die Haftpflicht mit über 300 Euro Jahresbeitrag (Europa-Versicherung) fand ich schon teuer für so ein altes Auto – muss aber von Gesetzes wegen.
Also bleibt nur, möglichst wenig Kilometer mit möglichst hohem Spaßfaktor zu fahren. Zum Beispiel – für den, der es sich leisten kann – den CLK 55 AMG als Sportwagen-Zweitfahrzeug anmelden und mit dem 4-Zylinder Diesel-Geschäftswagen auf die Arbeit fahren.
Leistung und Verbrauch
Es ist klar, dass man einen 5,5 Liter V8 nicht mit einem 4-Zylinder Diesel-Geschäftswagen vergleichen darf. Dennoch wird dies immer wieder getan und behauptet, dass der Mercedes „viel schluckt“ und heute nicht mehr zeitgemäß sei.
Meine Antworten:
Erstens, alle Herstellerangaben zum Verbrauch sind gelogen, was ja jetzt durch das Diesel-Gate bewiesen wurde.
Zweitens, nicht einmal ein Mensch kann eine hohe Leistung bringen, ohne anständig zu essen. Ich verweise auf Tim Wiese, der seinen Body nur durch 4-mal täglich Fleisch und essen rund um die Uhr auf Höchstleistung gebracht hat.
Drittens, Autos sind auch nur Menschen. Wenn ich Leistung will, darf ich nicht nach dem Spritverbrauch fragen. Alles andere ist Selbstbetrug.
Meine Erfahrungen:
Die Überführungsfahrt von Leipzig in meinen Wohnort musste ich mit alten Reifen und bei Regen durchführen. Mit 130 auf der Autobahn, dazwischen immer wieder auf 80 reduziert, weil durch Starkregen Aquaplaning drohte. Ergebnis: 430 km mit 40 Litern, also ein Durchschnittsverbrauch von unter 10 Litern! Den gleichen Verbrauch hatte meine alte C-Klasse (W202) mit 134 PS.
Meine Langstreckenfahrt mit meinen Eltern über 500 km nach Norddeutschland verlief nur über die Autobahn und bei strikt 130 km/h! Beide Senioren haben die Fahrt gut überstanden (Oma hinten) und der Verbrauch lag bei 11,7 Litern.
Meine Autobahnfahrt auf der A3 mit maximal möglicher Geschwindigkeit (also zwischen 220 und 280 km/h) habe ich exakt gemessen. Erst Motor warmgefahren, vor der Autobahnauffahrt getankt, dann 17,5 km Richtung Frankfurt, gewendet und wieder 17,5 km zurück. Macht 35 Kilometer und 11 Liter Benzin, die ich an der gleichen Tankstelle nachgetankt habe.
Tipp: hier kann man Entfernung messen: https://geoportal.bayern.de/bayernatlas/index.html
Fotos
Mercedes CLK 55 AMG
Bei AMG kommt nach der E-Klasse nun auch das Mittelklasse-Coupé CLK in den Genuss des 5,5 Liter großen V8-Motors.
19.06.2000
Wer schon immer mal herausfinden wollte, wie die Superreichen sich ihrer Peanuts entbürden, dem empfiehlt sich ein Blick in die Preisliste von AMG. Der Mercedes-Veredler des werksseitigen Vertrauens weiß, was er seiner Kundschaft schuldet. Den Gesetzen der Branche folgend werden für Super-Autos auch Mega-Preise genommen. Dürstet es den Käufer gar nach der Top-Variante des Mercedes CLK – bei AMG versteht man es, das Coupé in eine auch preislich adäquate Kostbarkeit zu verwandeln. Da können es schon Kleinigkeiten sein, die Freude machen: eine Mittelkonsole in schwarzem Birkenfurnier an Stelle ordinärer Nußbaumwurzel etwa für 5197 Mark plus 429 Mark Montage – oder auch nur eine schlichte Innenleuchten-Blende (Birke, schwarz) für 998 Mark (plus 58 Mark fürs Anbringen).
Wer der Schalthand mit kühlem Metall zu schmeicheln gedenkt, könnte sich des weiteren eine Edelstahl- Schalthebelplakette mit AMG-Schriftzug gönnen (696 Mark, 58 Mark Montage). Oder man ordert den AMG-CLK gleich als Komplettangebot. Eine Rundumbehandlung mit allem, was das AMG-Programm technisch und stilistisch hergibt, kostet 114 150 Mark. Damit läßt sich ein serienmäßiger CLK 430 spielend auf über 230 000 Mark verteuern, was zugleich zum Schriftzug CLK 55 berechtigt. Denn wo sich zuvor der handelsübliche 4,3 Liter-V8-Motor befand, verstaut AMG jetzt jenes eigenhändig auf 5,5 Liter vergrößerte Derivat, das auch den AMGMercedes E 55 befeuert. Die Folge sind 347 PS und ein maximales Drehmoment von 510 Nm statt vormals 279 PS und 400 Nm. Die Kraftübertragung obliegt einem Fünfgang- Automatikgetriebe, dessen Schaltkennlinien von AMG auf sportlich getrimmt werden. Außerdem wird der Achsantrieb mit einer längeren Übersetzung ausgestattet.
Natürlich gehört zum technischen Rüstzeug auch ein überarbeitetes Fahrwerk. AMG legt den CLK um 25 Millimeter tiefer, baut stärkere Stabilisatoren und härtere Stoßdämpfer ein und garniert das Ganze mit 17 Zoll- Rädern und Reifen unterschiedlicher Breite (vorn 225/45 ZR 17, hinten 245/40 ZR 17). Hilfreich auch das bereits im CLK 430 serienmäßig eingebaute Stabilitätsprogramm ESP, während die Bremsanlage mit Teilen aus dem SL 600 und speziellen Bremsscheiben aufgewertet wird. Aber auch fürs Auge wird etwas geboten. Mit Bug- und Heckschürzen und wulstartigen Türschwellern sorgt die AMGKur beim CLK für einen dynamischen Auftritt. Wer darauf verzichten kann, spart 6299 Mark plus 2993 Mark für Lack und Montage. Was einem beim Fahren eines derart monströs motorisierten CLK blüht, läßt sich schon auf den ersten Metern ahnen: Selbst bei behutsamer Gaspedalbehandlung drückt es die Passagiere beim Start jählings in die Lederpolster. Speziell im Stop-and-go- Verkehr ist diese katapultartige Anfahrbeschleunigung deshalb auch mehr Last als Lust – ein Eindruck, der sich bei freier Bahn allerdings rasch verflüchtigt.
Denn die Gnadenlosigkeit, mit der das 5,5 Liter-Aggregat seine Fracht sodann in höchste Geschwindigkeits-Sphären befördert, sucht ihresgleichen. Schön auch, wie sich dieser V8 akustisch in Szene setzt. Normalerweise dezent brozzelnd, beschallt er die Insassen bei geöffneter Drosselklappe und höheren Drehzahlen mit markigem V8-Sound. Dabei ist die Möglichkeit, daß ein Kontrahent den CLK 55 durch Zeigen der Auspuffrohre deklassieren könnte, denkbar gering. So wie er beschleunigt nicht einmal ein Ferrari F 355. Das gilt auch für den identisch motorisierten E 55. Die Tatsache, daß er auf der zierlicheren C-Klasse basiert, verschafft dem CLK gegenüber dem Stallgefährten aber einen Gewichtsvorteil von 104 Kilogramm, der sich natürlich auch in den Fahrleistungen niederschlägt.
Mit 5,3 Sekunden von null auf 100 km/h und mit 19,3 Sekunden auf 200 km/h läßt er den größeren E 55 (5,5 und 20,1 Sekunden) problemlos stehen. Außerdem genehmigt ihm AMG längere Zügel: Während es sich beim E 55 bei Tempo 250 zwangsweise ausbeschleunigt hat, gestattet der Begrenzer dem CLK 55 stolze 270 km/h. Daß es mehr sein könnten, beweisen die zu diesem Zeitpunkt noch spürbaren Leistungsreserven. Eigentlich sei erst bei 285 km/h Schluß, bestätigt der Hersteller, aber man müsse auf die Reifen Rücksicht nehmen. Nicht im Sinne des Erfinders, aber durchaus effektiv ist überdies ein Frühwarnsystem, das bereits bei 250 km/h in Aktion tritt. Genau dann sprangen beim Testwagen nämlich die rahmenlosen Seitenscheiben aus ihren Führungen, so daß der Vorstoß in höhere Bereiche von abschreckendem Getöse begleitet war.
Anstandslos dagegen die Fahrstabilität in der Hochgeschwindigkeitsregion: Der ordentliche Geradeauslauf spricht für die angemessenen aerodynamischen Voraussetzungen der Karosserie. Daß der Fünfgang- Automat mit der adaptiven Steuerung bestens mit dem leistungsstarken V8 harmoniert, bewies schon der E 55. Das gilt grundsätzlich auch für den CLK 55. Mitunter schaltete die Automatik beim Testwagen unnötig spät hoch und leistete sich auch schon mal ausgedehnte Schaltpausen, was noch einen gewissen Optimierungsbedarf erkennen läßt. Dagegen dürfte das Verbrauchspotential dieser Antriebskombination weitgehend ausgereizt sein. Mit einem Testverbrauch von durchschnittlich 14,9 L/100 km braucht sich der CLK 55 jedenfalls keine Verschwendung vorwerfen zu lassen, solange man den Wert in Relation zu den Fahrleistungen und zum Gewicht setzt. Immerhin bringt das üppig ausgestattete Coupé 1591 Kilogramm auf die Waage.
Knapp 55 Prozent davon lasten auf der Vorderachse, was zum Teil den fahrdynamischen Charakter des CLK 55 erklärt. Denn so wie die Naturgesetze nun mal sind, macht eine Überdosis Power noch keinen Sportwagen, selbst wenn es sich um ein Coupé handelt. Wer sportlich agil sein will, muß erst mal abspecken, eine Tatsache, die auch dem über 347 PS gebietenden CLK-Fahrer nicht verborgen bleibt. Denn sind die Beschleunigungsorgien auf der Geraden vorüber, legt der PS-Gigant eine Behäbigkeit an den Tag, die nicht gerade zum sportlichen Fahren einlädt. Vor allem die um die Mittellage unpräzise Lenkung weckt wenig Begeisterung. Auch die von dynamischen Fahrern geschätzte Leichtfüssigkeit in Kurven vermag sich nicht einzustellen, zumal die Schlupfregelung in Anbetracht der gewaltigen Überschußleistung an den Antriebsrädern wachsam das Tempo drosselt.
Schaltet man ASR und ESP dagegen aus, sind schnelle Reaktionen gefragt, denn speziell auf nassen Straßen bewegt sich der CLK 55 ohne die Mithilfe der Prozessoren wie auf Schmierseife. Selten sind die Vorzüge der Fahrwerkselektronik so einleuchtend wie hier: Man möchte sie keinesfalls missen. Das gilt in Anbetracht der brachialen Vortriebskraft auch für die verstärkte Bremsanlage. Sie garantiert ausgezeichnete Verzögerungswerte selbst bei extremer Beanspruchung, auch wenn das Pedalgefühl etwas straffer sein dürfte. Eben dieses kann man von der Federungsabstimmung nicht behaupten, wenngleich klar ist, daß Fahrstabilität und Kurvenfestigkeit bei einem Auto diesen Kalibers Zugeständnisse erfordern. So gesehen hätte es schlimmer kommen können, denn im großen und ganzen offeriert der AMG-gestählte CLK manierliche Komfortqualitäten.
Andererseits ist es speziell mit dem Schluckvermögen kurzer Unebenheiten nicht weit her, was die Karosserie mit regem Knistern quittiert. Da war der Qualitätseindruck bei Mercedes schon mal besser. Gleiches ließe sich über die Qualitäten der sogenannten orthopädischen Sitze sagen, die von AMG übernommen werden. Mit aufblasbaren Rückenpolstern ausgestattet, schonen sie zwar das Kreuz, bieten auf ihren Sitzflächen aber wenig Seitenhalt. Auch die hohe Sitzposition hinter dem Lenkrad ist nicht gerade komfortfördernd. Den typischen AMG-Interessenten dürften Bagatellen wie diese freilich nicht abschrekken. Selbst für 233 108 Mark, den Preis des Testwagens, kann man eben nicht alles haben.
Vor- und Nachteile
Karosserie
- hohe Funktionalität variabler Kofferraum sehr gute Ausstattung
- eingeschränkter Beinraum hinten schlechte Übersicht nach hinten
Fahrkomfort
- insgesamt akzeptabler Federungskomfort angenehmes Motorgeräusch
- eingeschränkter Komfort auf kurzen Bodenwellen Sitze mit wenig Seitenhalt
Antrieb
- kraftvoller V8-Motor erstklassige Fahrleistungen gut abgestufte Fünfgangautomatik
- Schaltelektronik nicht optimal abgestimmt
Fahreigenschaften
- mit ESP hohe Kurvenstabilität guter Geradeauslauf bei hohen Geschwindigkeiten
- in der Mittellage unexakte Lenkung mäßige Handlichkeit eingeschränkte Traktion
Sicherheit
- sehr gute Bremsen Fahrer- und Beifahrer-Airbag Seitenairbags serienmäßig Gurtstraffer und -kraftbegrenzer
Umwelt
- den Fahrleistungen angemessener Verbrauch schadstoffarm nach D3 recycelbare Kunststoffe
Kosten
- sehr hoher Anschaffungspreis hohe Unterhaltskosten kurze Garantie (ein Jahr)
Fazit
Mit den Fahrleistungen eines Supersportwagens bietet der Mercedes CLK 55 AMG jede Menge Understatement. Fahrwerk und Bremsen sind der Leistung angemessen. Zum Sportwagen fehlt es dem CLK 55 aber an Agilität.
Quelle: https://www.auto-motor-und-sport.de/einzeltests/mercedes-clk-55-amg-768300.html geladen am 2.12.2017
Fahrbericht: Mercedes-Benz CLK 55 AMG Einfach mehr
Von Von Stefan Grundhoff
Fünfe reichen
Der Fünfgang-Automat arbeitet nämlich vorbildlich mit dem bärenstarken Achtzylinder zusammen und hat keinerlei Probleme, die Kraft an die Hinterachse zu bringen. Die Leistung und das Donnern des V8-Triebwerks locken einen aber immer wieder, in den manuellen Modus zu springen und die Gänge auszudrehen.
Doch auch im souveränen Automatikmodus gibt es für den Viersitzer kein Halten mehr. Beim Vollgasspurt muss die Anti-Schlupf-Regelung Höchstleistungen erbringen. Unterm Strich stehen 5,2 Sekunden, bis die Tempo-100-Marke an einem vorbeirauscht. Offiziell wird der Mercedes CLK 55 AMG bei 250 km/h eingebremst. Doch nicht wenige der AMG-Kunden lassen sich die Sperre gleich nach Auslieferung abschalten. Dann sollte das Geschoss an der 300er-Marke kratzen – wenn es denn unbedingt sein muss.
Damit das Power-Triebwerk nicht frühzeitig die Waffen streckt, hat man bei AMG tief in die Rennsportkiste gegriffen. So werkeln im Motor Aluminium-Schmiedekolben, während eigens entwickelte Ölspritzdüsen die Kolben auch bei Höchstleistungen sicher kühlen.
Natürlich nicht billig
Der gemeine AMG-Kunde dürfte sich eher weniger für den Durchschnittsverbrauch seines edlen Geschosses interessieren. Mercedes verspricht 12,1 Liter Super auf 100 Kilometer. Bei ambitionierter Fahrweise dürfte sich der Durst zwischen 14 und 16 Litern einpendeln. Vergnügungssteuern gehören bei Sportwagen diesen Kalibers nun einmal dazu.
Über Sitzkomfort, Federung und Bremsen muss man kein Wort verlieren. Einzig bei der Lenkung schwächelt der AMG-Mercedes etwas. Sie ist gut, könnte für einen Sportwagen dieser Klasse jedoch eine Ecke besser sein. Schließlich kostet der CLK 55 AMG mindestens 80.000 Euro. Dass man Navigationssystem, anklappbare Spiegel und selbst Xenonlicht noch extra bezahlen muss, ist allerdings schlicht eine Frechheit.
Bildersrecke
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/auto/fahrbericht-mercedes-benz-clk-amg-einfach-mehr-1.549470 geladen am 18.01.2017