Abwasserbeseitigung

Abwasserbeseitigung

Wir möchten Sie gerne mit auf unsere spannenden Abenteuerreise zu finanzieller Freiheit nehmen.

Wir versuchen, unseren Traum zu leben, um finanziell unabhängig zu werden.

Wir freuen uns darauf, unsere Geschäftsideen mit Ihnen zu entwickeln.

Hier anmelden, um direkt über neue Inhalte informiert zu werden.

Abwasser

Dieser Artikel behandelt das Thema Abwasser.

Zur eingesetzten Technik siehe Abwassertechnik.

Abwasser ist ein Oberbegriff für aus verschiedenen Quellen stammendes Wasser, das über bauliche Anlagen fortgeleitet wird:

  • Regenwasser – von befestigten Flächen abfließendes Niederschlagswasser; Niederschlagswasser wird in manchen Zusammenhängen nicht zum Abwasser gezählt
  • Schmutzwasser – durch Gebrauch verunreinigtes („in seinen Eigenschaften oder seiner Zusammensetzung verändertes“) Wasser, das weiter unterschieden wird:
    • Grauwasser – nach EN 12056-1 fäkalienfreies, gering verschmutztes Abwasser, wie es etwa beim Duschen, Baden oder Händewaschen anfällt, aber auch aus der Waschmaschine kommt und zu Brauch- bzw. Betriebswasser aufbereitet werden kann. Vom Dach oder Balkon abfließendes Regenwasser zählt auch hierzu.
    • Schwarzwasser – nach ISO 6107-7:1997 häusliches Abwasser mit Urin und/oder fäkalen Feststoffen; Schwarzwasser kann weiter unterteilt werden in:
  • Fremdwasser, das aufgrund baulicher Schäden in die Kanalisation eintritt

Abwasser wird im Zuge der Abwasserbeseitigung in der Kanalisation gesammelt und transportiert, in Mitteleuropa üblicherweise in Kläranlagen behandelt und danach in als Vorfluter dienende Gewässer oder durch Versickerung, Verrieselung oder Verregnung in das Grundwasser eingeleitet. Die im Abwasser enthaltene Wärmeenergie kann mit Systemen zur Abwasserwärmerückgewinnung für Warmwasser– und Heizzwecke genutzt werden.

Die Siedlungswasserwirtschaft beschäftigt sich mit der Ableitung und Behandlung von Abwasser.

Begriffe

Regenwetterabfluss

Niederschlagswasser besteht in erster Linie aus Regenwasser und Schmelzwasser. Da Regen aus der Atmosphäre Staub, Ruß, Pollen und Gase löst und auf Dächern, befestigten und landwirtschaftlichen Flächen vorhandene Schadstoffe mitschwemmt, können Niederschlagsabflüsse in manchen Fällen behandlungsbedürftig sein.

Man unterscheidet

  • behandlungsbedürftiges Regenwasser, das in Regenklärbecken oder in Kläranlagen abgeleitet wird, und
  • nicht behandlungsbedürftiges Regenwasser (Reinabwasser), das in nahegelegene Gewässer eingeleitet oder vor Ort versickert werden kann.

Beispiele für Reinabwasser sind:

  • Überlaufwasser von Quellen, Reservoirs, Brunnen
  • Rücklaufwasser aus Kühl- und Klimaanlagen, Wärmepumpen
  • Drainage- und Sickerwasser

Trockenwetterabfluss

Schmutzwasser sind häusliche Abwasser aus Toiletten (Fäkal- oder Schwarzwasser), Sanitäreinrichtungen, Küchen und Waschmaschinen (Wasch- oder Grauwasser) sowie Abwasser aus Betrieben, die in die öffentliche Kanalisation ableiten (gewerbliches oder industrielles Abwasser; kurz: Industrieabwasser). Industrieabwasser kann besondere Verschmutzungen aufweisen, weshalb es oft in Benzin-, Öl- oder Fettabscheidern und ähnlichen Anlagen vorbehandelt wird, bevor es in die öffentliche Kanalisation (Indirekteinleitung, Vermischung) oder in ein Gewässer (Direkteinleitung) abgeleitet wird. Manche Abwässer enthalten organische Stoffe (zum Beispiel Brauereiabwässer) oder/und anorganische Stoffe (z. B. bei der Metall- und Grundstoffindustrie). Auch aufgeheiztes Wasser aus Kühlanlagen (Kühlwasser) zählt als Abwasser. Auch Abwasser, das bei den verschiedensten Reinigungs- und Behandlungstechniken von Wasseraufbereitungsanlagen anfällt, zählt als Industrieabwasser.

Fremdwasser ist das zusammen mit dem Schmutzwasser bei Trockenwetter abfließende unverschmutzte Wasser, das eigentlich nicht in die Kanalisation gelangen soll (Grundwasser, Dränwasser).

Die Trennung von Gelbwasser und Braunwasser in speziellen Toiletten erleichtert die Abwasserbehandlung und Weiterverwendung. Braunwasser enthält keinen Urin und kann nach Dehydrierung als Dünger verwendet werden.

Misch- und Trennsystem

Hauptartikel: Kanalisation

Im Mischsystem fließen Schmutz- und Regenwasser gemeinsam ab. Bei starken Regenfällen führt das regelmäßig dazu, dass die anfallende Wassermenge die ausgelegte Leistungsfähigkeit der Kanalisation überschreitet, z. B. weil die Kanalrohre einen zu geringen Durchmesser besitzen. Deshalb sind Mischsysteme fast immer mit Regenüberläufen versehen.

Im Trennsystem dagegen wird das nur gering verschmutzte Regenwasser getrennt vom Schmutzwasser in einem zweiten Kanal abgeführt und behandelt. Eine Gefahr beim Trennsystem geht von Fehlanschlüssen aus, durch welche u. a. häusliches Schmutzwasser in den Regenwasser-Kanal eingeleitet wird und somit beinahe ungeklärt in die Umwelt gelangt. Hier spricht man von Fremdwasser. Der umgekehrte Fall, dass Regenwasser in den Schmutzwasser-Kanal geleitet wird, ist oft ebenfalls unerwünscht, weil die Verdünnung des Schmutzwassers dessen Reinigung beeinträchtigen kann.

Rechtliche Definitionen

Den Begriff Abwasser definiert in der Bundesrepublik Deutschland § 54 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) und die Schweizer Schmutzwasser-Entsogurgungs-Norm SN 592’000. Danach ist Abwasser das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte Wasser und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (Schmutzwasser) sowie das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließende Wasser (Niederschlagswasser). Die aus Anlagen zum Behandeln, Lagern und Ablagern von Abfällen austretenden und gesammelten Flüssigkeiten gelten ebenfalls als Schmutzwasser. Die zuvor im Abwasserabgabengesetz bestehende Begriffsbestimmung wurde wortgleich übernommen.

In Österreich werden die abwasserrechtlichen Belange im Wasserrechtsgesetz, den Emissionsverordnungen und den Kanalanschlussgesetzen der Bundesländer sowie den dazugehörigen Verordnungen auf kommunaler Ebene behandelt.

Abwasseranfall

Der private Wasserverbrauch und somit der Abwasseranfall ist in Deutschland in den letzten Jahren gesunken. Nach Angaben der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) sank der durchschnittliche Abwasseranfall pro Tag und Person von 147 Liter im Jahr 1990 auf 127 Liter im Jahr 2004.

Der Wasserverbrauch wird in absehbarer Zeit weiterhin zurückgehen, weil steigende Energiekosten, gleichbleibende Wartungs- und Instandsetzungskosten bei rückläufigem Wasserverbrauch Gebührenerhöhungen für den einzelnen Haushalt mit sich bringen werden. Weiterhin werden durch die demografische Entwicklung in Deutschland die Abwasser(indirekt-)einleitungen sinken. Für Gebiete wie Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen belegen offizielle Demografiegutachten, dass in den nächsten 15 Jahren die Bevölkerung um bis zu 20 % vermindert wird. Der großflächig zurückgehende Wasserverbrauch hat neben einem positiven Aspekt des Schutzes der Ressource Trinkwasser auch negative Einflüsse auf die Funktion der Entwässerungseinrichtungen, den damit notwendig werdenden Wartungs- und Abwasserbehandlungsaufwand und somit schließlich auf die zukünftige Kostenentwicklung.

Eine Begründung dafür lässt sich darin sehen, dass Abwasseranlagen in Deutschland auf Eckparameter wie den Wasserverbrauch von 130 bis 150 Liter pro Tag und Person dimensioniert und konstruiert worden sind. Diese Werte werden teilweise dramatisch unterschritten: in Sachsen lag der Durchschnittsverbrauch im Jahr 2005 bei nur 88 Liter pro Tag und Person. Das Abwassersystem ist zudem in der Regel auf eine konstante Benutzerzahl ausgelegt. Eine wesentliche Unterschreitung der Eckparameter führt u. a. zu vermehrten Ablagerungen im Kanal und einer Verlängerung der Fließzeit zur Abwasserreinigungsanlage mit vielen negativen Folgen, wie z. B. der Sulfidbildung in Abwasseranlagen. Die Auswirkungen sind veränderte Abwasserparameter, erhöhter Aufwand für die Abwasserreinigung, Geruchsbelästigungen, Biokorrosion und schließlich ein erhöhter Sanierungsbedarf in verkürzten Zeitintervallen. Zur Abhilfe wird schon heute zur Spülung der Abwasserrohre sauberes Trinkwasser verwendet, weil die anfallende Abwassermenge zur Durchspülung des Kanalisationsnetzes zu gering ist.

Weltweit ist die Bekleidungsindustrie für 20 Prozent des Abwassers verantwortlich.[1]

Inhaltsstoffe

Abwasser besteht etwa zu 99 Prozent aus Wasser und zu 1 Prozent aus Schmutzstoffen.[2] Schmutzstoffe im Abwasser liegen in gelöster und ungelöster Form sowie als organische Verbindungen (Fette, Eiweiße, Kohlenhydrate) vor. Man unterscheidet folgende Abwasserinhaltsstoffe: Zehrstoffe wie etwa Harnsäure, Glukose. Sie sind biologisch abbaubar und führen bei anaeroben Abbauprozessen zu Geruchsbelästigungen. Die durch diese Stoffe ausgelöste Sauerstoffzehrung reduziert den Sauerstoffgehalt im sie umgebenden Gewässer und kann zu Fischsterben führen (Eutrophierung). Nährstoffe wie etwa Stickstoff– und Phosphorverbindungen, die zur Eutrophierung insbesondere stehender Gewässer führen und auch für verstärktes Algenwachstum in Meeren verantwortlich sind. Schadstoffe wie etwa Gifte, Schwermetalle, synthetische organische Substanzen (wie Mikroplastik, Arzneimittel, Waschmittel etc.), Bakterien, Pilze oder Viren, die zu Erkrankungen führen können. Störstoffe wie etwa Salze, Fette, Öle, Tone, Sand

Je nach Zusammensetzung des Abwassers sind unterschiedliche Verfahren zur Abwasserbehandlung erforderlich.

Abwasserbehandlung

Hauptartikel: Kläranlage

Abwasseraufbereitungsanlage in Wilhelmshaven

Abwasseraufbereitungsanlage in Schiffdorf

Ziel der Abwasserbehandlung ist das Herauslösen der Abwasserinhaltsstoffe aus dem Wasser und eine Wiederherstellung der natürlichen Wasserqualität. Damit wird dem übermäßigen Nährstoffeintrag in Gewässer entgegengewirkt. In der Bundesrepublik Deutschland muss nach § 57 WHG Abwasser vor der Einleitung in ein Gewässer (Direkteinleitung) nach dem Stand der Technik behandelt werden. Mindestanforderungen für bestimmte Industriebranchen werden für Deutschland in der Abwasserverordnung genannt. Die Einleitung in öffentliche Abwasseranlagen (Indirekteinleitung) wird durch § 58 WHG geregelt.

Die Abwasserbehandlung geschieht in Kläranlagen, ggf. nach Vorbehandlung von industriellem oder gewerblichem Abwasser, z. B. in einem Abscheider. Man unterscheidet dabei

  • mechanische/physikalische Reinigungsverfahren
  • biologische Reinigungsverfahren
  • chemische Reinigungsverfahren

Wasser, das potentiell mineralölhaltig ist, weil es z. B. zum Autowaschen verwendet wurde oder mit wassergefährdenden Stoffen in Kontakt gekommen sein kann (z. B. Abfüllflächen einer Tankstelle), muss vor Einleitung in den Abwasserkanal in einer Abscheideranlage nach EN 858 / DIN 1999 vorbehandelt werden.

Neben der Behandlung in technischen Kläranlagen kann Abwasser unter gewissen Umständen auch in Abwasserteichen sowie Pflanzenkläranlagen behandelt werden.

Die Behandlung von Abwässern außerhalb zentraler Abwasserbehandlungsanlagen findet in Kleinkläranlagen statt. Unterschieden wird hierbei zwischen veralteten Systemen ohne Abwasserbelüftung (DIN 4261 Teil 1) und den heute geforderten vollbiologischen Kleinkläranlagen mit belüfteter Reinigungsstufe (DIN 4261 Teil 2).

Auf dem Weg vom Ort des Anfalls des Abwassers zur Abwasserbehandlungsanlage finden Prozesse statt, die das Abwasser verändern. Es kann zur Bildung von Geruchs- und Gefahrstoffen, wie z. B. dem toxischen Schwefelwasserstoff (H2S), kommen, was

  • negative Auswirkungen auf den Abwasserreinigungsprozess hat,
  • die Hauptursache für Geruchsbelästigungen ist (H2S riecht wie faule Eier),
  • für Menschen gefährlich sein kann (H2S ist ein Nervengas, das selbst in geringen Konzentrationen tödlich wirkt, bei 1000 ppm Tod in wenigen Augenblicken),
  • Abwasserbauwerke und -einrichtungen zerstören kann und
  • bei Einleitung in ein Gewässer ohne Behandlung Gewässerverunreinigung und Fischsterben verursachen kann.

Geeignete Maßnahmen, wie z. B. durch eine zwischenstufliche Abwasserbehandlung in Entwässerungsanlagen, können diese Prozesse eindämmen bzw. beherrschbar machen.

Abwasser, das in Wasseraufbereitungsanlagen anfällt, wird immer häufiger in diesen Anlagen auch wieder aufbereitet (Kreislaufführung). Hierdurch wird die Nettoausbeute an Reinwasser gesteigert und die abzuführende Restabwassermenge vermindert. Als Beispiel wird hierfür die Spülabwasseraufbereitung in Aufbereitungsanlagen für Trink- und Badewasser angeführt. In Gebieten mit Wassermangel ist auch die teilweise Rückführung und Wiederverwendung von Regenerierabwässern wirtschaftlich. Hierfür kommen jedoch nur die Vorlauf- und Restwaschwassermengen infrage, die keinen höheren Salzgehalt aufweisen als das Rohwasser.

Dezentrale Abwasserbehandlung und -beseitigung

Abwasserpumpschacht

In der Bundesrepublik Deutschland müssen Haushalte und Anlagen, die nicht an die zentrale Abwasserbeseitigung angeschlossen sind, das anfallende Abwasser entweder in einer Sammelgrube auffangen und danach durch den Abwasserbeseitigungspflichtigen abtransportieren lassen oder über eine eigene Kleinkläranlage behandeln lassen, um es dann direkt in ein Gewässer einleiten oder versickern oder verrieseln lassen zu können. In diesem Fall überträgt die zuständige Wasserbehörde die Pflicht zur Abwasserbeseitigung auf den Grundstückseigentümer, meist in Verbindung mit der Erteilung einer Erlaubnis für die Ausübung der Gewässerbenutzung. Der Stand der Technik gilt als eingehalten, wenn die in den Anhängen der Abwasserverordnung für den jeweiligen Herkunftsbereich des Abwassers genannten Anforderungen eingehalten werden. Für Kleinkläranlagen zur Behandlung häuslichen Abwassers gelten die Anforderungen der Abwasserverordnung als eingehalten, wenn diese eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung aufweisen.[3]

Bauartzugelassene Kleinkläranlagen wurden auf einem offiziellen Prüffeld getestet und können die gesetzlichen Anforderungen an den Kläranlagenablauf, üblicherweise einen chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) unter 140 sowie einen biochemischen Sauerstoffbedarf innerhalb von 5 Tagen (BSB5) unter 40 mg/l zuverlässig garantieren. Bewährt haben sich z. B. Anlagen nach dem SBR– (Sequencing Batch Reactor) oder Festbettverfahren, Tropfkörper, Membranbelebungsreaktoren (MBR) sowie naturnahe Reinigungsverfahren wie Pflanzenkläranlagen oder Abwasserteiche.

Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Angaben ohne ausreichenden Beleg könnten demnächst entfernt werden. Bitte hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst.

Der Einsatz von Kleinkläranlagen ist in der Regel weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Zwar sind die Entsorgungskosten des in diesen Anlagen entstehenden Klärschlamms aufgrund der geringeren Mengen erheblich niedriger. Die Investitionskosten entsprechen allerdings einem Vielfachen der Kosten einfacher Sammelgruben. Hinzu kommen Kosten für Energie und Wartung. Auch aus Sicht des Gewässerschutzes stellen Kleinkläranlagen in der Regel eher ein Problem dar, weil die an sie gestellten Reinigungsanforderungen sehr viel moderater sind. So gibt es beispielsweise keine Grenzwerte für Phosphor und die verschiedenen Stickstoffverbindungen.

Siehe auch

Quelle: Seite „Abwasser“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Juni 2021, 19:55 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Abwasser&oldid=212590177 (Abgerufen: 30. Juli 2021, 12:17 UTC)

Abwasserbeseitigung

Abwasserbeseitigung bezeichnet den Weg des Abwassers vom Ort des Anfalls zur Abwasserbehandlung und die Rückführung des behandelten Wassers in den natürlichen Wasserkreislauf. Die Abwasserbeseitigung umfasst das Sammeln in Abwasserleitungen, Fortleiten durch die Kanalisation, Behandeln, Einleiten, Versickern, Verregnen und Verrieseln von Abwasser sowie das Entwässern von Klärschlamm und das Beseitigen des in Kleinkläranlagen anfallenden Schlamms.[1]

Im deutschen Wasserrecht besteht der Grundsatz, dass Abwasser so zu beseitigen ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Um dies zu erreichen, dürfen Abwasserkanäle und Abwasserbehandlungsanlagen nur betrieben werden, wenn sie den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Niederschlagswasser soll vorzugsweise ortsnah versickert, verrieselt oder in ein Gewässer eingeleitet werden.[2]

Abwasserbeseitigungspflichtige

Abwasser ist nach dem deutschen Wasserrecht von den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu beseitigen, die nach Landesrecht hierzu verpflichtet sind (§ 56 WHG). Die Bundesländer haben in ihren Landeswassergesetzen zumeist die Städte und Gemeinden als öffentliche Träger der Abwasserbeseitigung benannt, die sich hierzu zumeist in Zweckverbänden zusammenschließen oder kommunale Eigenbetriebe gründen können. Nur in Ausnahmefällen erlauben die Landeswassergesetze die Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf Private. Im Umkehrschluss zur Abwasserbeseitigungspflicht der Kommunen haben die Abwassererzeuger die Pflicht zur Überlassung ihres anfallenden Abwassers an den Beseitigungspflichtigen. In den meisten Fällen besteht deshalb ein Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Kanalisation.[2]

Nach dem österreichischen Wasserrechtsgesetz erfolgt die Errichtung und Erhaltung im Betrieb von Abwasserentsorgungsanlagen durch Einzelpersonen, Betriebe und Unternehmungen, Wassergenossenschaften, Kommunen sowie Wasserverbände.

Zentrale Abwasserbeseitigung

Abwasserbeseitigung erfolgt zumeist zentral, d. h. das Abwasser wird, zumeist durch einen öffentlichen Träger, über ein Kanalisationsnetz gesammelt und einer zentralen Abwasserbehandlung zugeführt. In Deutschland besteht ein Anschlussgrad von 96 Prozent an die öffentliche Kanalisation, der Anschlussgrad an öffentliche Abwasserbehandlungsanlagen liegt bei 95 Prozent.[2] Zur Finanzierung ihrer Aufgabenerfüllung erheben die Träger der Abwasserbeseitigung Gebühren und Beiträge.

Dezentrale Abwasserbeseitigung

Auch eine dezentrale Abwasserentsorgung durch Kleinkläranlagen kann nach dem Wasserhaushaltsgesetz dem Allgemeinwohl dienen. Sie spielt insbesondere im dünn besiedelten ländlichen Raum eine Rolle, in dem ein Anschluss an ein zentrales Abwasserbeseitigungssystem nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem wirtschaftlichen Aufwand hergestellt werden kann. Die dezentrale Beseitigung von häuslichem Abwasser erfolgt in der Regelung in Verbindung mit einer Abwasserbehandlung in Kleinkläranlagen mit anschließender Einleitung in ein Gewässer oder das Grundwasser (Versickerung).

Niederschlagswasser soll nach dem Willen des Gesetzgebers generell möglichst dezentral und nah am Ort seines Anfalls der Vorflut zugeführt werden, bei Schmutzwasser ist dies eine Ermessensentscheidung der Entsorgungsträger, die nach den meisten Landeswassergesetzen der Zustimmung der zuständigen Wasserbehörden bedarf. In diesen Einzelfällen entfällt der Anschluss- und Benutzungszwang und die Pflicht zur Überlassung des angefallenen Abwassers an den Beseitigungspflichtigen; dieser wird zugleich von seiner gesetzlichen Beseitigungspflicht befreit.

Quelle: Seite „Abwasserbeseitigung“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Oktober 2020, 10:38 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Abwasserbeseitigung&oldid=204279536 (Abgerufen: 30. Juli 2021, 12:11 UTC)

Neuartige Sanitärsysteme

Die Artikel Neuartige Sanitärsysteme und Ecosan überschneiden sich thematisch. Informationen, die du hier suchst, können sich also auch im anderen Artikel befinden.
Gerne kannst du dich an der betreffenden Redundanzdiskussion beteiligen oder direkt dabei helfen, die Artikel zusammenzuführen oder besser voneinander abzugrenzen (→ Anleitung).

Neuartige Sanitärsysteme (NASS) bezeichnet innovative kreislauforientierte Abwasserlösungen, mit dem Ziel der Wiederverwendung von Wasser- und (Nähr-)Stoffströmen. Neuartige Sanitärsysteme beruhen auf einer Trennung von Wasserströmen, die im konventionellen System gemischt sind. Es werden gemeinhin 2-Stoffstrom-Systeme (Grauwasser, Schwarzwasser) und 3-Stoffstrom-Systeme (Grauwasser, Gelbwasser, Braunwasser) unterschieden. 3-Stoffstrom-Systeme können etwa durch die Verwendung von Trenntoiletten erreicht werden, die den Urin vom Kot getrennt auffangen.

Die Neuartigen Sanitärsysteme zielen nicht alleine auf die bessere Verwertung von Abwasserinhaltsstoffen (wie Nährstoffe und organische Stoffe), sondern auch auf die Steigerung der Ressourceneffizienz der Kanalisations– bzw. Kläranlagensysteme. Sie werden in der deutschen Siedlungswasserwirtschaft intensiv innerhalb der zuständigen wissenschaftlich-technischen Fachvereinigung DWA diskutiert, insbesondere vom Fachausschuss KA-1 und seinen Arbeitsgruppen.

Neuartige Sanitärsysteme erlauben

  • die Nutzung oder Wiederverwertung von Stoff- und Wasserströmen im jeweils betrachteten Einzugsgebiet,
  • die Bereitstellung kosteneffizienter Alternativen zu bestehenden Systemen,
  • das Angebot zur Ergänzung der konventionellen Wasserversorgungs– und Abwasserbeseitigungssystem
  • die Darstellung einer erweiterten Verfahrenspalette (auch für den Einsatz im Ausland).[1]

Neuartige Sanitärsysteme werden mittlerweile nicht mehr nur im Modellmaßstab umgesetzt,[2] sondern auch auf Quartiersebene (z. B. in Hamburg (Jenfelder Au)[3] und in Qingdao).[4] Technische Normen der DWA sind in Vorbereitung.[5]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Quelle: Seite „Neuartige Sanitärsysteme“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. Juni 2021, 21:58 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Neuartige_Sanit%C3%A4rsysteme&oldid=213024812 (Abgerufen: 30. Juli 2021, 12:21 UTC)

Komposttoilette

(Weitergeleitet von Trenntoilette)

Eine Komposttoilette (auch Trockentoilette oder Bio-Toilette) ist eine Toilette ohne Wasserspülung, bei der die Fäkalien direkt in einen mit Rindenmulch oder Stroh gefüllten Behälter geleitet und dort kompostiert werden.[1] In Örtlichkeiten, die nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen sind, ist die Komposttoilette eine vergleichsweise geruchsarme, ökonomische und ökologische Alternative zur Chemietoilette oder zum einfachen Plumpsklo. Ähnlich wie das Plumpsklo kommt eine echte Komposttoilette mit wenig oder ganz ohne Wasser zum Nachspülen aus, da der Kompost nicht zu feucht oder nass werden soll. Die Ausscheidungen werden biologisch nutzbringend als KompostDünger verwertet.

Es existieren Lösungen mit in den Erdboden gegrabenen oder künstlichen geschlossenen Behältern, die z. T. der besseren Kompostierung wegen beheizbar sind.

Saugfähiges Streumaterial verfügbar neben der Sitzöffnung einer Komposttoilette

Geschichte

Trockentoiletten begleiteten die Zivilisation von der Antike bis in die Neuzeit hinein als übliche Form der Entsorgung von Körperausscheidungen, wenngleich Vorrichtungen mit Wasserspülung schon früh bekannt waren und in römischer Zeit sogar größere Verbreitung erlangten. Diese Erscheinung besonderen Wohlstandes geriet mit Roms Niedergang bis zur Neuzeit wieder in Vergessenheit, selbst in der Oberschicht. So fand bei mittelalterlichen Burgen ein Aborterker Verwendung. In Bauernhäusern befand sich ein Plumpsklo gelegentlich im Obergeschoss, um Exkremente direkt auf dem Misthaufen zu entsorgen und mithin als Kompost zu verwerten. Siehe auch: Toilette#Geschichte

Am 28. Mai 1860 meldete der englische Pfarrer und Erfinder Henry Moule ein Patent für eine Trockentoilette an und gründete für deren Herstellung und Vertrieb die Firma Moule Patent Earth Closet Co. Ltd. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in vielen Städten Trenntoiletten ohne Wasserspülung. Der Urin wurde über eine sogenannte Lehmwand verrieselt. So gab es z. B. in Hamburg Gaststätten, wo der Urin aus einer im Obergeschoss befindlichen Toilette per Gefälle zu einer im Hinterhof stehenden Lehmwand laufen konnte. Diese nahm den Urin auf, wobei die Feuchtigkeit verdunstete und Salpeter auskristallisierte. Der Salpeter wurde von den Lehmwänden geschabt und konnte an Munitions- oder Düngemittelfabriken verkauft werden. Diese Arbeiten führte der sogenannte Salpeterer aus. Mit der Entdeckung des Chilesalpeters starb dieser Beruf aus. Etwa zeitgleich wurden die Lehmwände durch die Wassertoiletten verdrängt.

Die Technik moderner Urinseparation in Trockentoiletten wurde in Schweden entwickelt.

Besonders als Bestandteil alternativer Lebensweisen finden Komposttoiletten wieder mehr Verbreitung, sei es dauerhaft oder beispielsweise bei Besetzungsaktionen. Oft ist in diesen Fällen kein Anschluss an die öffentliche Kanalisation und das Wassernetz vorhanden oder erwünscht.

Inzwischen fanden Trockentoiletten sogar Einzug bei kulturellen Veranstaltungen. So bot man zum Beispiel Besuchern des Weltmusikfestivals Murszene Juli/August 2018 am Mariahilferplatz in Graz aus Holzbauplatten errichtete Toiletten an. Im November 2018 konnte im Wiener Karl-Farkas-Park ein Kompostklo getestet werden.[2] Im April 2019 startete die Stadt Zürich einen Pilotversuch mit acht Komposttoiletten.[3]

Komposttoilette

Konventionelle Komposttoiletten sorgen nicht für eine Abtrennung des Urins, sondern der Urin wird zusammen mit den Fäzes in einem Behälter aufgefangen. Problematisch sind dabei die unangenehmen Gerüche, die durch gemeinsames Auffangen von Urin und Exkrementen entstehen.

Je nach dem weiteren Umgang mit den Exkrementen können Komposttoiletten in verschiedene Bauarten eingeteilt werden:

  • Komposttoilette mit Sammelbehälter: Die Exkremente werden in einem Behälter gesammelt. Dieser hat ein Volumen von 20 bis 200 Liter und befindet sich im oder unter dem Toilettenstuhl. Die Entleerung erfolgt manuell in einen Gartenkomposter oder eine zentrale Sammelstelle.
  • Komposttoilette mit Komposter: Die Exkremente werden in einem speziellen Komposter unter dem Toilettensitz kompostiert. Dieser muss in einem Raum unter dem Toilettenraum aufgestellt werden. Die flüssigen Anteile werden abgeleitet. Die festen Bestandteile werden zersetzt, während sie, der Schwerkraft folgend, auf der abschüssigen Innenwand des Behälters abwärts rutschen. Unten befindet sich eine Entnahmeklappe, wo der reife Kompost entnommen werden kann.
  • Komposttoilette mit Kombitank: Bei dieser neuen Bauart werden Urin und Exkremente in einem kombinierten Sammelbehälter getrennt gelagert. Dieser Behälter wird komplett in den Boden eingebaut und ist für 2000 Toilettenbenutzungen ausgelegt, ehe er geleert werden muss.

Die Komposttoilette soll über ein Abluftsystem verfügen, dadurch ist die Benutzung geruchsärmer als beim WC. Etwa entstehende üble Gerüche werden aufgrund des herrschenden Unterdrucks abgesaugt (Kamineffekt).

Urintrennung

Bei der Trockentrenntoilette (TTC) wird die natürliche Trennung menschlicher Ausscheidungen konsequent beibehalten, indem Urin und Exkremente getrennt aufgefangen werden. Hierbei wird der Urin entweder in die Kanalisation abgeleitet oder in einem Behälter aufgefangen und z. B. als Dünger im Garten eingesetzt. Die festen Exkremente und das Toilettenpapier werden unter Beimengung groben, zellulosehaltigen Materials (Rindenschrot, Hobel-/Sägespäne, Stroh) in einem Behälter aufgefangen, der sich unter dem TTC befindet. Eine spezielle Hygieneklappe sorgt für einen Verschluss des Behälters. Die Feststoffe lassen sich dann kompostieren. Dadurch kann Trinkwasser eingespart und Kläranlagen und Deponien entlastet werden, da der Klärschlamm aus Kläranlagen oft aufgrund enthaltener Schadstoffe als Sondermüll auf Deponien entsorgt werden muss.

Siehe auch

Quelle: Seite „Komposttoilette“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 13. Juni 2021, 17:48 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Komposttoilette&oldid=212925755 (Abgerufen: 30. Juli 2021, 12:26 UTC)

Vakuumtoilette

Eine Vakuumtoilette in einer Boeing 747

Eine Vakuumtoilette ist eine Toilette, bei der Spülwasser im Gegensatz zu konventionellen Spültoiletten nicht durch einen Höhenunterschied, sondern mittels Unterdruck beschleunigt und zusammen mit Toilettenpapier, Urin und Fäkalien abgesaugt wird.

Die Toilettenschüssel hat eine kleine Absaugöffnung, die durch ein Ansaugventil (elektronisch oder pneumatisch gesteuert) verschlossen ist. Bei einer Auslösung des Spülvorgangs wird zunächst eine geringe Menge Wasser in die Toilettenschüssel geleitet und vom Ventil am Ablaufen gehindert. Anschließend öffnet sich das Absaugventil. Durch die große Druckdifferenz kann der Durchmesser der Abwasserleitung verkleinert werden ohne dass die Gefahr einer Verstopfung zunimmt, zusätzlich ist die Strömungsgeschwindigkeit höher. Beide Faktoren reduzieren letztendlich den Spülwasserbedarf.

Einsatzbereiche

Die Vakuum- oder Unterdruck-Entwässerungstoilette wird seit Jahrzehnten in verschiedenen Bereichen eingesetzt, in denen entweder das Spülwasser begrenzt oder die Menge an Abwasser problematisch ist. Darunter fallen unter anderem der Schiffbau, Flugzeugbau oder das Bahnwesen. Seit einigen Jahren werden Vakuumtoiletten auch in Gebäuden eingesetzt, z. B. den Bürogebäuden der KfW in Frankfurt am Main.

  • Vakuumtoiletten werden hauptsächlich als Bordtoiletten in mobilen Installationen verwendet, so auf Schiffen und Booten, Flugzeugen und bei moderneren Eisenbahnen. Sie verbinden sie den Innenraum eines Flugzeugs oder Schienenfahrzeugs nicht mit der Außenluft, wie es ein Fallrohr-WC täte. Bei mobilen Vakuumtoiletten wird der Fäkalientank regelmäßig entleert.
  • Innerhalb der radiologischen Abteilung von Krankenhäusern werden seit längerem stationäre Vakuumtoiletten verbaut, da das Abwasser aufgrund der Medikamente gesondert behandelt werden muss. Je geringer die Ausscheidungen durch Spülwasser verdünnt werden, desto einfacher können die nachfolgenden Schritte durchgeführt werden. Ein neuerer Einsatzbereich sind Energiesparhäuser, wo neben Energie auch Wasser gespart werden soll: Der Spülvorgang einer Vakuumtoilette verbraucht nur etwa einen Liter Wasser. Außerdem können die Fäkalien gesammelt und ohne schwerwiegende Verdünnung in eine Biogas– oder Kompostanlage abgeführt werden.
  • Vakuumtoiletten besonderer Bauart finden in der bemannten Raumfahrt Verwendung: Auf Grund der herrschenden Schwerelosigkeit scheiden Spül- wie auch Fallrohrklos aus, da sie auf die Schwerkraft angewiesen sind, während die Spülung durch einen Luftstrom problemlos funktioniert. Die Klomuschel ist so gebaut, dass sie dicht abschließt, wenn der Benutzer auf ihr Platz nimmt. Zum Urinieren sind solche Toiletten meist zusätzlich mit einem kleinen Trichter an einem Schlauch ausgestattet. Justierbare Bügel hindern den Benutzer am unkontrollierten Umherdriften in der WC-Kabine.

Hersteller

Zu den größten Herstellern von Vakuumtoiletten zählen im Eisenbahnbereich die EVAC GmbH (Wedel) sowie die Dowaldwerke GmbH (Dippoldiswalde) und im Luftfahrtbereich Monogram Systems aus Carson, USA, CA sowie die Apparatebau Gauting GmbH. EVAC und Monogram gehören dem französischen Konzern Zodiac Aerospace an.

Literatur

  • Schweizer Eisenbahn Revue ISSN 1022-7113, 1996/12: Bericht mit Fotos von Forrer Daniel, Meyer Leo, Renner Martin.

Quelle: Seite „Vakuumtoilette“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. Februar 2021, 00:45 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vakuumtoilette&oldid=209206321 (Abgerufen: 30. Juli 2021, 12:27 UTC)

Bordtoilette

Manuell zu bedienende Toilette an Bord einer Segelyacht

Als Bordtoilette bezeichnet man eine Toilette an Bord von Fahrzeugen (Flugzeuge, Schiffe, Straßenfahrzeuge wie Wohnmobile, Reisebusse oder Schienenfahrzeuge). Anfänglich wurden offene Systeme (z. B. Fallrohrsystem, Marine-WC) eingesetzt, die die Fäkalien in die Umwelt ableiten. Mit zunehmendem Umweltbewusstsein werden mittlerweile nahezu ausschließlich geschlossene Systeme eingesetzt, die eine zielgerichtete Entsorgung der Fäkalien ermöglichen. Neben Festtanksystemen werden auch Wechseltank- oder Kassettentoiletten eingesetzt. Dabei sind unterschiedliche Arten der Fäkalienaufbereitung (Hacker, Spülsysteme, Chemikalienzusätze) vorhanden, um die Lagerung im Fahrzeug zu erleichtern. Trotz der in allen Anwendungsfällen gegebenen Verfügbarkeit von umweltneutralen Systemen werden jedoch teilweise noch immer umweltbelastende Systeme (Chemietoilette) eingesetzt. Zukünftige Entwicklungen gehen sogar noch über die Umwelt-Neutralität hinaus: Durch bordeigene (Vor-)Klärung kann sogar eine Entlastung der Umwelt realisiert werden.

Flugzeug

In Flugzeugen (und anderen Luftfahrzeugen, wie Luftschiffen) werden geschlossene Systeme eingesetzt, die auf möglichst geringes Lagervolumen und Gewicht optimiert sind, jedoch für die Flugdauer ausreichende Kapazitäten bereitstellen. Verkehrsflugzeuge haben Bordtoiletten als abgeschlossenen Raum (Kabine). Bei Flugzeugen wird unter Bordtoilette der gesamte für das jeweilige Flugzeug gebaute Toilettenraum verstanden. In Kampfjets mit einer großen Reichweite und somit langer Flugzeit sind ebenfalls Toiletten verbaut, die jedoch keine Kabinenform haben.

Vakuumtoilette

Die Toilette in Flugzeugen funktioniert mittels Wasser und Unterdruck. Das Wasser wird genutzt, um anhaftende Stoffe von der mit Teflon beschichteten Toilettenschüssel zu lösen und den Transport in den zentralen Sammeltank sicherzustellen. Der Unterdruck zum Transport wird am Boden und in geringer Höhe durch ein Gebläse hergestellt, in größerer Höhe ist der Differenzdruck der Druckkabine ausreichend. Hierdurch wird eine minimale Lagermenge in einem auch größeren, weiter entfernt von der Toilettenschüssel angeordneten Tank erreicht. Dieser wird am Zielort geleert und der Inhalt der dortigen Entsorgung zugeführt. Durch Chemie-Zusätze wird ein Anhaften des Lagergutes im Tank verhindert und eine restlose Tankentleerung ermöglicht.

Toilettenkabine

Aufgrund der unterschiedlichen Rumpfquerschnitte sind die Toilettenkabinen baulich unterschiedlich zueinander. Allen gemein ist allerdings, dass sie selten behindertengerecht konstruiert sind. Heutige Bordtoiletten zeigen per rotem oder grünem Licht Passagieren an, ob sie frei oder besetzt sind. Dieses Licht ist so angebracht, dass die Passagiere dies von ihren Sitzen aus sehen können. In Bordtoiletten stehen meist Waschbecken, Spiegel und Papierhandtücher bereit.

Rollstuhlgerechte Bordtoilette durch Kombination zweier Kabinen

Nicht eingebaute Bordtoilette eines kleinen Airbus

Umweltaspekte der Flugzeugtoilette

Die verwendete Festtanklagerung der Fäkalien zusammen mit relativ wenig Spülwasser erfordert die Zugabe von geringen Mengen fäulnisreduzierender Chemikalien (meist blau gefärbt). Bei einem technischen Defekt kann es während des Fluges zu unkontrolliertem Austritt kommen. Es entsteht das sogenannte „Blaue Eis“ an der Flugzeugaußenseite. Im Landeanflug kommt das Flugzeug in wärmere Luftschichten, wodurch der Eisblock antauen kann und dadurch abfällt. Das geschieht in der Regel in der Nähe größerer Flughäfen und kann durch das Niederstürzen Schaden anrichten. Werden Personen von den mehrere Kilogramm schweren Eisblöcken getroffen, kann es zu Verletzungen kommen,[1] die potenziell tödlich enden können. Einige Flugzeugkabinenausrüster haben damit experimentiert, kleine Kläranlagen zu bauen, die dem Abwasser das Wasser entziehen und so einen Abwasserkreislauf zu bewerkstelligen. Die Installation eines derartigen Systems wurde jedoch von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit nicht bewilligt, weshalb die Airbus A380 von Emirates, die als einzige Linienflugzeuge Duschen an Bord haben, etwa eine halbe Tonne zusätzliches Wasser mitführen müssen.[2]

Straßenfahrzeug

In Straßenfahrzeugen (Wohnwagen, Wohnmobil, Bus) sind aufgrund häufigerer Leerungsmöglichkeiten der Bordtoilette Festtanksysteme seltener gebräuchlich. Meist werden daher Wechseltanksysteme eingesetzt, die einen individuellen Einbau in individuellen Sanitärräumen ermöglichen.

Kassettentoilette

Kassettentoilette von außen (Wohnwagen/Wohnmobil): Die etwas herausgezogene Fäkalien-Kassette mit schwenkbarem Ausguss, darüber der ausgeschwenkte Füllstutzen des Spülwassertanks.

Ausguss für eine geordnete Kassettenentleerung (Norwegen)

Die Kassettentoilette realisiert einen Wechseltank in Form einer entnehmbaren Fäkalienkassette. Hierbei werden die Fäkalien mit einem sehr geringen Umfang an Spülwasser in einer unter der Toilette angeordnete Kassette direkt bei der Nutzung eingelagert. Die Kassette wird dabei nur zum Toilettengebrauch und zur Entleerung über entsprechend angebrachte Mechaniken geöffnet und ist ansonsten dicht verschlossen. Zur Leerung kann die Kassette von außen aus dem Toilettensystem des Fahrzeuges genommen und über die entsprechende Öffnung mit Ausguss entleert werden. Ein Kontakt mit den Fäkalien wird somit auch bei der Entleerung der Kassette vermieden.

Durch die Bauform der Kassette im Sockel der Toilettenschüssel ist die Kassettengröße begrenzt.

Für die sachgerechte Entleerung der Kassetten werden spezielle Ausgüsse für Kassetten angeboten (auf Campingplätzen nahezu immer, auf Stellplätzen für Freizeitfahrzeuge häufig, nicht selten auch bei Tankstellen oder von den Gemeinden zur Verfügung gestellt). Gegen die Entleerung von Kassetten ohne chemische Zusätze in nicht dafür vorgesehene öffentliche Toiletten sprechen wohl keine Umweltbedenken; diese verfügen aber nicht über die aus hygienischen Gründen erforderlichen Zusatzeinrichtungen zur Beseitigung von Verschmutzungen (Verspritzen).

Zur Geruchsvermeidung im Betrieb sind zwei Systeme in Gebrauch:

Kassettentoilette mit chemischen Zusätzen (Chemietoilette)

In die leere Kassette wird vor dem Gebrauch eine Chemikalienflüssigkeit gegeben, die den Fäulnisprozess verhindern soll. Die Geruchsbildung bei Kassettenöffnung soll dadurch vermieden werden. Bestimmte Chemikalienzusätze lassen die Fäkalien jedoch zu Sondermüll werden, welche die Funktion von Kläranlagen sehr schwerwiegend beeinträchtigen können (Entsorgung als Sondermüll).

Es setzen sich jedoch immer mehr biologisch abbaubare Zusätze in flüssiger und fester Form durch (teils mit „Blauer Engel“ zertifiziert), welche jedoch ein häufigeres Leeren des Behälters erfordern. Nicht selten werden auch Zusätze nach eigenen Rezepturen (von Essig bis Schmierseife) beigegeben.

Die Chemiezusätze selbst sowie die gegebenenfalls kostenpflichtige Entsorgung (besonders bei Verwendung umweltunverträglicher Produkte) verursachen Betriebskosten.

Den Markt teilen sich Thetford und Dometic.

Eine Sonderbauform der Kassettentoilette ist die tragbare Toilette, die mit einem Spültank im Toilettenschüsseloberteil und einer Fäkalienkassette im Unterteil eine tragbare Einheit darstellt, bekannt unter dem Markennamen Porta Potti. Hersteller sind neben den oben genannten auch Enders Colsman AG, Fiamma SpA und Campingaz.

Kassettentoilette mit Entlüftung und Filter

Hier wird durch die Öffnung der Kassette zum Gebrauch der Toilette ein elektrischer Lüfter eingeschaltet, der die in der Kassette vorhandenen Fäulnisgase durch einen Geruchsfilter (Aktivkohlefilter) nach außen ableitet. So wird verhindert, dass Gerüche ins Innere des Fahrzeuges gelangen. Eine Geruchsbelästigung nach außen wird durch den Aktivkohlefilter weitgehend verhindert. Der Geruchsfilter ist nach längerer Nutzungsdauer (in Abhängigkeit von der Nutzungsintensität) auszuwechseln.

Hersteller ist SOG-Systeme.

Umweltaspekte der Kassettentoilette

Aggressive, stark biozide chemische Zusätze (wie zum Beispiel Bronopol oder Formaldehyd) sind in Verruf gekommen. Ihre Entsorgung ist problematisch, nur eingeschränkt möglich und wird nicht immer sachgerecht durchgeführt. Dies ist besonders gravierend, wenn kleinere biologische Kläranlagen durch chemische Zusätze ihre Funktion einstellen. Dies kann vermieden werden, indem auf überall angebotenen umweltverträglichen Produkte ausgewichen wird.

Zwangsentlüftete Kassettentoiletten sind zurzeit noch relativ selten anzutreffen. Die bessere Umweltverträglichkeit, die einfachere und häufiger gegebene Entsorgungsmöglichkeit einer Zusatz-freien Toilettenkassette sowie der Wegfall der Kosten für chemische Zusätze können die derzeit höheren Beschaffungskosten (Nachrüstung der Zwangsentlüftung) rechtfertigen.

Schienenfahrzeug

Fallrohrtoilette mit Pedal

In (europäischen) Schienenfahrzeugen wurden über hundert Jahre lang ausschließlich Fallrohrtoiletten eingebaut, die die Fäkalienentsorgung aus dem fahrenden Zug auf die Schienen realisierten, mit teilweise erheblichen Auswirkungen bei an den Schienenweg angrenzenden Grundstücken (z. B. bei der Benutzung während der Überfahrt von Brücken), daher ist auch die Benutzung solcher Toiletten beim Halt des Zuges auf Bahnhöfen verboten. Solche Fahrzeuge sind bisher nicht vollständig aus dem Verkehr gezogen worden. Insbesondere Bahnverwaltungen europäischer Randländer (Großbritannien, Niederlande) benutzen solche Fahrzeuge weiter, aber auch in Deutschland und der Schweiz sind noch Züge mit Fallrohrtoiletten in Betrieb. Neben dem Umweltaspekt sind solche Toiletten auch für Züge mit höherer Geschwindigkeit (200 km/h und mehr) ungeeignet, da deren Wagen druckertüchtigt sein müssen, was ein offenes Fallrohr ausschließt.

Stand der Technik (2010) ist das einfache geschlossene Toilettensystem. Der Unterdruck zum Absaugen und Fördern des Schwarzwassers wird mittels eines ein- oder mehrstufigen Ejektors erzeugt. Grau- und Schwarzwasser werden in einem gemeinsamen Tank gesammelt, der in kurzen Zyklen (in der Regel alle 3 Tage) entleert werden muss.

Zur Verlängerung der Entleerungszyklen auf bis zu 3 Monate wird bei neuen Zügen ein geschlossenes Toilettensystem mit einem Bioreaktor eingebaut (z. B. DTZ RABe514, FLIRT, Integral). Das Abwasser passiert einen Filter, der innerhalb des Feststoffbehälters montiert ist und die festen Bestandteile zurückhält. Bei innen liegenden Anlagen sickert das mechanisch gereinigte Abwasser gravitativ in den darunterliegenden Flüssigreaktor. Durch Belüfterröhrchen gelangt Luft in den Flüssigreaktor und durchströmt die so genannte Festbettzone, auf der ein Biofilm aufgewachsen ist. Nach einer definierten Verweilzeit wird die biologisch behandelte Flüssigkeit in eine nachgeschaltete thermische Hygienisierungseinheit geleitet, wo durch Erhitzung pathogene Keime vernichtet werden. Die fertig aufbereitete Flüssigkeit wird in definierten Chargen während der Fahrt auf den Gleiskörper abgegeben. Ein Flüssigkeitsaustritt bei Fahrzeugstillstand wird dabei verhindert, die Toilettenbenutzung ist jedoch uneingeschränkt möglich.

Schiff

Gewässerschutz

Im internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) wird in Anlage IV die Einleitung von Schiffsabwasser geregelt. Demnach ist die Einleitung von Schiffsabwasser grundsätzlich verboten. Ausnahmen gelten, wenn das Schiff über eine eigene Kläranlage verfügt, oder bei einem Mindestabstand von 12 Seemeilen zur nächstgelegenen Küste. Abwasser und Fäkalien müssen in einem Schmutzwassertank bzw. Fäkalientank gesammelt und dürfen erst auf Hoher See entsorgt werden.

Auf Binnengewässern ist die Schmutzwassereinleitung grundsätzlich verboten.

Zunehmend werden Meere unter Naturschutz gestellt und die Einleitung von Schmutzwasser grundsätzlich verboten:

GewässerVerbot seit
Ostsee12. April 2008[3]

Abwasser und Fäkalien müssen in einem Schmutzwassertank bzw. Fäkalientank gesammelt werden. Sie dürfen nur im Hafen über eine spezielle Fäkalienabsauganlage entsorgt werden. Solche Anlagen sind in der Ostsee an der deutschen Küste in jedem Hafen und den meisten Marinas zu finden.

Gemäß § 6b Abs. 3 der Schiffssicherheitsverordnung gilt die Regel nicht für Schiffe,

1. die vor dem 1. Januar 1980 gebaut worden sind,

2. die vor dem 1. Januar 2003 gebaut worden sind und

a) eine Rumpflänge von weniger als 11,50 m oder eine Breite von weniger als 3,80 m aufweisen

oder

b) denen das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie eine Bescheinigung über die Befreiung von der Ausrüstungspflicht erteilt hat

oder

c) die eine Hackmaschine in der Toilette haben, welche die Ausscheidungen verkleinern.

Marine-WC

Bedienungsanleitung

Seit Jahrzehnten wird das sogenannte Marine-WC verwendet, eine Toilette mit Handpumpe, die über eine Ansaugleitung Meerwasser als Spülwasser fördert, und dieses zusammen mit den Fäkalien direkt ins Meer pumpt. Über ein Ventil wird umgeschaltet zwischen „Spülen und Abpumpen“ (um die Fäkalien kontinuierlich abzupumpen) und „Nur-Abpumpen“ (um das Becken gänzlich zu leeren und den Spülwasserzufluss zu schließen). Problematisch sind größere Mengen Toilettenpapier oder Tampons und Damenbinden, sie führen schnell zu einer Verstopfung. Aus Sicherheitsgründen ist sowohl die Zuleitung für Meerwasser, als auch die dickere Abwasserleitung direkt an der Bordwand mit je einem Seeventil versehen. Diese Ventile werden bei Fahrt und bei Verlassen des Schiffes im Hafen geschlossen, um bei einem möglichen Schlauchbruch den Wassereintritt und damit das Sinken des Schiffes zu verhindern.

Fäkalientank

Moderne Schiffe sind mit einem zusätzlichen Fäkalientank (Schmutzwassertank) ausgerüstet, in dem Abwasser und Fäkalien gesammelt werden. Zwischen der Bordtoilette und dem Fäkalientank ist ein Umschaltventil eingebaut, über das gewählt werden kann, ob das Abwasser in den Fäkalientank, oder ins Meer gepumpt wird. Ein Kohlefilter zwischen Fäkalientank und der außenbords befindlichen Entlüftung verhindert unangenehme Gerüche.

Auf Binnengewässern müssen Sportboote mit Toilette mit einem Fäkalientank und einem geschlossenen Abwassersystem ausgerüstet sein. Ein Umrüstungszwang für alte Sportboote besteht derzeit nur auf Binnengewässern.

Die Fäkalien werden über eine Fäkalienabsauganlage im Hafen abgepumpt und in das öffentliche Kanalisationssystem eingeleitet.

Problematisch ist der begrenzte Raum in einem Schiffsrumpf, der oft keinen Platz für den zusätzlichen Tank-Einbau vorsieht. Deshalb wird der Tank möglichst klein dimensioniert, beziehungsweise die Spülwassermenge möglichst reduziert. Eine Vakuumtoilette, wie sie auch in Flugzeugen verwendet wird, reduziert den Wasserbedarf drastisch, benötigt aber einen elektrischen Antrieb, der wiederum die auf Segelschiffen begrenzte elektrische Energie verbraucht.

Kläranlage auf größeren Schiffen

Auf größeren Schiffen ist – neben den o. g. Systemen – vielfach auch eine eigene Kläranlage vorhanden, die die Fäkalien aus dem Tank klärt und das aufbereitete Wasser nach dem Klärungsprozess ins Meer leitet. Hier besteht keine Umweltschädigung.

Quelle: Seite „Bordtoilette“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. September 2020, 10:52 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bordtoilette&oldid=203763610 (Abgerufen: 30. Juli 2021, 12:47 UTC)

%d bloggers like this: