25.05.2007
Der CL von Mercedes ist die S-Klasse für den Genießer. Das Top-Coupé zielt auf den Fahrer, der gerne ausgesprochen schnell und ausgesprochen bequem ans Ziel kommen will. Ein CL von AMG erfüllt vor allem Ersteres ohne Letzteres zu vernachlässigen.
Doch die Top-Version CL 65 AMG kann mit über 600 PS sogar das noch toppen…
Ob man so ein Auto braucht sei an dieser Stelle nicht die Frage. Als Autotester ist man schließlich nur selten in der Lage Autos im sechsstelligen Preisbereich mit eigenen Wertmassstäben abschließend beurteilen zu können – das sollen die Käufer tun bevor sie, wie in diesem Fall, über 200.000 Euro zücken.
Nur ein bisschen fahren…
Und so war mein Erstkontakt mit dem CL 65 AMG einer, der sich ausschließlich aufs Fahren konzentrieren sollte. Den Kofferraumdeckel habe ich zum Beispiel gar nicht geöffnet und weder auf dem Beifahrersitz noch auf der Hinterbank Platz genommen. Auch das Datenblatt war mir von Anfang an Wurst, obwohl sechshundertundirgendwas-PS und nochvielmehr Newtonmeter aus dem vorangegangenen Presse-Briefing irgendwie hängen geblieben sind.
Zum Glück sind bei der ersten Ausfahrt mit dem Über-Coupé aus Affalterbach die kalifornischen Cops auf meiner Seite und sperren für mich ganze Straßen ab. Gut so, denn die Fahrleistungen des CL sind schlicht nicht von dieser oder irgendeiner anderen Welt.
Danke, Cop
Die Beschleunigung ist in Sekunden, deren Bruchteilen oder sonstwie gar nicht sinnvoll messbar. Ein leichter Druck aufs Gaspedal versetzt den schweren Wagen binnen eines Wimpernschlags in Temporegionen, die mich dankbar an den netten Cop denken lassen, der zuvor den anderen Autofahrern und dem Radler Gelegenheit gab das Gelände zu räumen.
OK, sagen jetzt die Nörgler, ein Mercedes fährt eh’ nur gut geradeaus. Wie passend, dass sich jetzt die ersten Serpentinen vor mir zeigen. Und schon beim Eingang der ersten überrascht mich die direkte Lenkung. Soft und nachdrücklich schwenkt der lange Bug zielgerichtet in die Kurve. Ein vehementer Gasstoß befiehlt der Hinterachse einen Seitwärtsschwenk, doch das ESP hält sanft dagegen. Die kommenden Turns versuche ich es auf der neutralen Linie und kann mich nur schwer dazu durchringen, die machbare Kurvengeschwindigkeit – geschweige denn den saftigen Motorsound – mit einem derart komfortablen Oberklasse-Coupé in Einklang zu bringen.
Mörder-Kurven
Mit einem Höllentempo erklimme ich den Berg und erfreue mich an einer Leistungsentfaltung, die schier kein Ende hat. Also gleich wieder runter, um die Bremsen aufzuwärmen. Und auch abwärts wiegt mich der brachiale Komfort-Mercedes in einer Sicherheit, die in derart schnellen Autos kaum bekannt ist. Bei kühlem Kopf erlaube ich mir dennoch das ESP zu deaktivieren, um dem Grenzbereich ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Jetzt heizt das ob meiner Fahrweise zunehmend einschreitende ABS sowohl Bremsscheiben als auch Reifen ordentlich ein.
Also wieder kehrt, um mit optimalen Wärmewerten auf dem Gummi die Serpentinen ein weiteres Mal anzustürmen.
Tacheles
Die leichte Untersteuerneigung des stärksten CL ist nur bei abnormem Tempo auszumachen. Will man dem entgegenwirken, könnte man bei diesem aberwitzigen Tempo beherzt Gas geben, um mit dem eindrehenden Heck den Kurvenradius wieder zu verringern. Doch Obacht: Der Schub setzt ab 2.000 Touren mit einer leichten, turbotypischen Zeitverzögerung, doch umso brutaler ein. Und gleich wieder Entwarnung: Das ESP ist zwar deaktiviert, doch nicht gänzlich abwesend: Bei allzu tollem Treiben bremst es einen in die physikalischen Grenzen zurück. Was bei sportlichen Mercedes oder AMGs sonst Kopfschütteln hervorruft, macht hier zu ersten Mal wirklich Sinn. Schließlich ist man auf den belüfteten Ledersesseln derart kommod unterwegs, dass sich gefühlte und reale Geschwindigkeit nur selten im Einklang befinden. Zudem wird sich ein CL-Käufer – auch wenn er in Affalterbach shoppen geht – kaum in Driftwinkeln üben wollen.
Kein Fazit
Und so genieße ich auf der Rückfahrt nach L.A. vor allem den excellenten Sound der Stereo-Anlage, überlasse die sanften Gangwechsel dem 7-Stufen Automaten und spiele mit der dreistufigen Sitzbelüftung herum. Auch so kann ich 600 PS genießen. Denn ich könnte ja…
Aber ich will grad nicht.
Quelle: http://ww2.autoscout24.de/erster-test/mercedes-cl-65-amg/mehr-geht-nicht/44276/20822 geladen am 14.02.2017
Test Mercedes CL 65 AMG
— 17.05.2007
Mehr geht nicht
AMG, die Power-Schmiede von Mercedes, wird im Juni 40. Und feiert, als gäbe es keine CO2-Diskussion, mit reichlich PS. Das neue Topmodell CL 65 AMG übertrifft in Preis und Prestige alles bisherige.
AMG packt in sein Topmodell alles, was gut und teuer ist
20-Zoll-Aluräder, Hochleistungsbremsen und Sportfahrwerk mit elektronischem Wankausgleich kleben die Kraft sicher auf den Asphalt. Innen gibt es Sportsitze, Nappaleder und ein Flair der Marke “rollendes Clubzimmer”. Der neue Luxuskreuzer tritt im AMG-Programm neben den sportlichen CL 63, der mit seinem hochdrehenden V8 auch schon 525 PS leistet. Kanibalisieren die Brüder sich etwa? “Nein, das sind ganz eigene Charaktere”, meint AMG-Chef Volker Mornhinweg. Aha, hier weiß der vermögende AMG-Käufer zu unterscheiden. Deshalb haben die PS-Küche aus Affalterbach zum Geburtstag schnell noch ein Extra-Päckchen geschnürt. Die Sonderserie als CL “40th Anniversar” hat Zweifarben-Leder, Alubeam-Lack und viele Leckereien für 273.105 Euro. Banküberfall? Sinnlos. Die auf 40 Stück limitierte Serie, entstanden im neuen Performance Studio, ist ausverkauft. Es geht eben doch immer noch mehr.
Quelle: http://www.autobild.de/artikel/test-mercedes-cl-65-amg-220205.html geladen am 14.02.2017