Jaguar Fahrberichte

Fahrbericht Jaguar XKR

(X100 4.2 416PS)

Kleiner Unterschied ganz groß

Mittwoch, 20.09.2006, 17:00 Uhr· von FOCUS-Online-Autor

Kleiner Unterschied ganz groß: Jaguar XKR

Eines vorweg: Der Unterschied zwischen XK und XKR ist gewaltig und deutlich mehr als nur ein Zusatzbuchstabe aus den Niederungen des Alphabets. Wer einmal einen XKR bewegt hat, dem dürften alle anderen XK-Versionen wie friedlich schlummernde Kätzchen vorkommen.

Karosserie/Innenraum

Nicht nur optisch eine Versuchung

(Un)gleiche Brüder

Wieso Jaguar seinen Supersportler XKR optisch so nah am bereits alles andere als schnöden XK positioniert, mag auf den ersten Blick überraschen. Doch wer einen XKR sein Eigen nennt, dem reichen scheinbar nette Finessen wie ein vergitterter Kühlergrill, Lüftungsschlitze auf der ellenlangen Motorhaube oder das kleine, aber feine R-Logo am Heck. Der Jaguar-Kenner weiß auf den ersten Blick, ob unter der Motorhaube des begehrenswerten Objekts ein wummernder Sauger oder ein aufgemotzter Kompressor seine tägliche Arbeit verrichtet.

50 Prozent XKR-Anteil

Der optisch ansprechende 20-Zoll-Radsatz macht den XKR noch sportlicher, noch bissiger – nicht nur optisch. Jaguar-Fans scheinen das zu mögen – oder finden die Basisversion langweilig, denn kein anderer Sportwagen hat einen derart großen Anteil an Top-Versionen. „Rund die Hälfte unserer XK-Kunden entschieden sich bislang für einen XKR“, so Jaguar-Deutschland-Geschäftsführer Jeffrey L. Scott, „das sollte sich auch beim neuen Modell nicht ändern.“

Innenraum mit Licht und Schatten

Auch im Innenraum hat die Rennsportabteilung dezente Zurückhaltung walten lassen. Die vollelektrischen Sportsitze sind etwas stärker konturiert, und die Pedale sind mit dem unvermeidlichen Alu-Lochmuster verziert. Aber abgesehen vom R-Logo auf dem Automatikwahlhebel ist der XKR kaum vom XK zu unterschieden.

Auch bei ihm stößt sich das anspruchsvolle Auge an grauen Plastikabdeckungen, preiswerten Lenkstockhebeln und lieblosen Rundarmaturen. Im engen Fond des 2+0-Sitzers kann ähnlich wie beim Porsche 911 niemand sitzen. Doch wen stört’s? Bekanntlich sind im Fond stilechte Accessoires wie Beautycase, Kleidersack oder die lederne Sporttasche bestens aufhoben.

Fahrwerk/Fahrverhalten

Straff, aber alles andere als hart – der XKR

Alukarosse spart wertvolles Gewicht

Das Fahrwerk des 4,79 Meter langen Jaguar XKR profitiert wie bei kaum einem anderen Sportler vom geringen Fahrzeuggewicht. Auch wenn Jaguar es gerne noch etwas leichter hätte und das Konzept von einem Hochgeschwindigkeits-Lightweight nach wie vor durch die Konzernzentrale geistert, ist der britische Hecktriebler leichter als der Großteil der Konkurrenz unterwegs.

Mit 1770 Kilogramm Leergewicht wiegt man rund 300 Kilogramm weniger als ein Mercedes SL 55 AMG. Nur an Rennern wie einem Porsche 911 Turbo oder einer Corvette Z06 kann auch der Aluminium-XKR nicht kratzen.

Von der Nordschleife auf die Straße

Bei der Abstimmung von Federn, Dämpfern, Lenkung und Bremsen hat das Team rund um Chefentwickler Wolfgang Schuhbauer viel Liebe zum Detail in die Realität umgesetzt. Das Feintuning geschah in monatelanger Arbeit auf der Nordschleife des Nürburgrings und ließ sich so auf nahezu alle Straßenarten projizieren. Der Erfolg kann sich in jedem Geschwindigkeitsbereich erfahren und erleben lassen.

Dank des elektronischen CATS-Dämpfersystems stößt der XKR scheinbar nie an seine Grenzen und bringt auch das maximale Drehmoment von 560 Nm selbst in engen Kehren satt auf die Straße. Allenfalls schlagen Querfugen spürbar in den Innenraum durch.

Motor/Getriebe

Auf Knopfdruck ertönen 306 kW / 416 PS und 560 Nm

Kompressor oder nicht?

Diejenigen Kunden, die beim V8-Sauger den nötigen Biss vermisst haben, mussten sich zum Glück nur ein halbes Jahr gedulden und werden mit einem wahren Feuerwerk belohnt.

Die einen lieben die wild surrenden Kompressor-Aggregate aus dem Hause Jaguar – andere nicken nur bei den exzellenten Fahrleistungen beifällig, schütteln aber beim säuselnden Wimmern des Kompressors seit Jahren das graue Haupthaar. Beim neuen könnte die Zustimmung weitere Kundenkreise erfassen: Das Singen des Kompressors tritt weit in den Hintergrund – der Rest des Motorklangs – zumindest im Innenraum – auch. Da hat der Sauger fast mehr zu bieten.

Mehr denn je: 416 statt 398 PS

Das Leistungs-Potenzial der mechanischen Aufladung indes ist unbestritten. Dank ihr leistet der 4,2 Liter große Achtzylinder 416 PS. Die Höchstleistung wird bei 6250 U/min erreicht, das maximale Drehmoment von 560 Nm steht bei respektablen 4000 Touren zur Verfügung und brennt geradezu darauf, abgerufen zu werden. Der Brite hängt gierig am Gas und prescht bei Bedarf in 5,2 Sekunden von Null auf Tempo 100. Hierbei ist die Verbesserung zum Vorgänger (0,2 Sekunden) kaum zu spüren. Deutlicher wird der Unterschied jedoch bei mittleren und hohen Drehzahlen, wo der neue XKR kaum mehr zu halten ist.

Bald bis Tempo 300?

Bei der Höchstgeschwindigkeit kommt der elegante Insulaner ins Straucheln. 250 km/h Spitze schafft auch der normale XK – und der Power-Kater leider keinen Deut mehr. Zumindest zunächst, denn auch bei Jaguar scheint man die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und bereitet sich auf eine Sportversion vor, die mindestens 300 km/h schnell sein dürfte.

Sie könnte bereits im Herbst 2007 auf den Markt kommen. Doch auch damit ist der XKR keinesfalls ausgereizt. „Rein rechnerisch würde das XKR-Coupé eine Höchstgeschwindigkeit von 319 km/h schaffen“, erläutert Jeffrey L. Scott mit einem zufriedenen Lächeln. Das dürfte die Kundschaft weit mehr interessieren als ein in Aussicht gestellter Durchschnittsverbrauch von 12,3 Liter Super auf 100 Kilometern.

Grandios im Sportmodus

Jaguar setzt auch bei seiner Sportversion XKR auf die prächtige Automatik aus dem Hause ZF. Die sechs Schaltstufen zeigen sich gerade im Sportmodus ausgezeichnet auf den Leistungszuwachs abgestimmt und schaffen einen Gangwechsel in 600 Millisekunden. Wer trauert da einer Handschaltung oder gar einem Doppelkupplungsgetriebe nach? Selbst zurückhaltende Fahrer sehen sich beim Jaguar XKR in der steten Versuchung, die Schaltpaddel am Lenkrad zu betätigen und dem Jaguar zusätzliches Feuer einzuhauchen.

Kosten

Das Cabriolet kostet 8000 Euro mehr als das Coupé

Alles dran, alles drin – für 94 990 Euro

Die gute Nachricht: Die Serienausstattung des Jaguar XKR lässt keine Wünsche offen. Leder, Xenon, Keyless-Go, 19-Zoll-Alu oder DVD-Navigation – hier gibt sich der Brite keinerlei Blöße. Das hat seinen Preis.

Die Coupé-Version kostet mindestens 94 990 Euro – macht einen Expresszuschlag von 13 490 Euro für die zusätzlichen 118 Pferde unter der Haube. Für alle, die sich mit 416 PS und 560 Nm Drehmoment gerne die Frisur kaputtmachen wollen, gibt es das kaum weniger elegante Cabriolet. Es ist – wie die geschlossene Version in der realen Welt – ein reiner Zweisitzer mit einem Preisaufschlag von weiteren 8000 Euro. Doch günstiger ist auch die elitäre Konkurrenz nicht.

Datenblatt

Auch offen eine Versuchung

Fazit

Der XKR sticht den XK klar aus

XK oder XKR? Eine Frage, die sich die geneigte Jaguar-Kundschaft kaum stellen sollte. Wer einmal den bissigen Druck des Kompressors im Rücken gespürt hat, dürfte sich nur schwerlich zum einfachen XK hinreißen lassen. Der ist nur für die offene Cabrioversion die Bestbesetzung. Wer sich für das Coupé entscheidet, sollte nicht lange um die knapp 13 500 Euro trauern und alles auf das grüne „R“ setzen.

Leidenschaftliche Fahrleistungen und eine große Alltagstauglichkeit werden es ihm danken. Selbst am Sound des Kompressors kann man nicht mehr viel aussetzen. Allenfalls, dass allzu wenig des grollenden Stakkatos in den Innenraum gelangt. Hier gibt sich der Jaguar XKR zumindest akustisch ebenso dezent wie seine moderaten Modifikationen an In- und Exterieur.

Plus und Minus

+ sehr gute Fahrleistungen
+ sehr gut abgestimmtes Fahrwerk
+ üppige Serienausstattung
+ hohe Alltagstauglichkeit
+ geringes Gewicht

– hoher Preis
– kein Platz im Fond

 

Bildergallerie:

Gerade im mittleren Drehzahlbereich geht es rund

Quelle: Focus Online, geladen am 15.09.2015

Adresse: http://www.focus.de/auto/fahrberichte/tid-5958/fahrbericht-jaguar-xkr_aid_58426.html

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